Die Tage „zwischen den Jahren“ ist für viele traditionell die Zeit, in der man endlich mal Ruhe für die wichtigen Dinge im Leben hat: Alte Sachen aussortieren, Jahresbilanz ziehen, das Horoskop für das kommende Jahr lesen, Pläne schmieden – und vor allem: sich mit lieben Menschen treffen, die man schon lange nicht mehr gesehen hat.
Hier im oldenburger Münsterland trifft man sich mit alten Freunden gerne in der elterlichen Küche oder Stube (das Wort „Wohnzimmer“ kennen wir nur vom Hörensagen), die man noch aus Kindertagen kennt und die sich natürlich nicht verändert hat. Und so unterschiedlich wir auch alle geworden sind, sobald man in den bekannten vier Wänden sitzt, ist es doch wieder so wie früher.
Es gibt Ostfriesentee mit Kluntje oder Kandis und – natürlich – Neujahrskuchen.
Das traditionelle Gebäck findet man zu dieser Zeit in jedem Haushalt. Eine weitere Besonderheit, die man im oldenburger Münsterland bis nach Ostfriesland kennt und liebt. In Bremen dagegen sind die knusprigen Gebäckröllchen schon nicht mehr so bekannt und in Süddeutschland dürften sie schon als Exot des Gebäcks durchgehen.
Das ist überaus schade und auch ein wenig tragisch, denn die armen Menschen jenseits von Oldenburg wissen gar nicht, was ihnen entgeht – geschmacklich genauso wie gesellschaftlich: Denn wir norddeutschen mögen zwar sonst eher wortkarg und von ruhigem Gemüt sein, aber bei der Frage nach der richtigen Zubereitung der Neujahrskuchen werden wir geradezu übermütig. Die gibt nämlich genauso wie Frage nach Bünting oder Thiele Tee oder nach der richtigen Grünkohl-Zubereitung immer wieder Stoff für gar hitzige Diskussionen.
Dabei hat jede Familie ihr eigenes Rezept, das von Uroma schon gebacken wurde und das einzig wahre ist. Wichtig ist außerdem die Form: Was für den unkundigen Süddeutschen wie eine einfache Eistüte aussehen mag, birgt viel weiteren Stoff zur Diskussion: Während die einen (wie auch unsere Familie) die Tüten-Form für die einzig wahre hält („passt mehr Sahne rein“), treten in den letzten Jahren vermehrt die sogenannte Röllchen-Form auf. Letztere wird meist aus pragmatischen Gründen (ja, auch dafür sind wir im Norden bekannt) gewählt: „Passt mehr in die Tupper-Box und krümelt nicht so rum“ – ist das schlagende Argument der Röllchen-Bevorzuger.
Unser Rezept kommt von der Oma einer Nachbarin und ist in der Nachbarschaft fester Bestandteil eines jeden Rezepte-Ordners. Es hat zwar etwas gedauert, bis wir es wiedergefunden haben (da das Spritzgebäck sich ebenfalls auf dem Zettel befand, wurde es unter „K“ wie Kekse einsortiert und nicht unter „N“ wie Neujahrskuchen. Total logisch eigentlich, hat aber zu kurzweiliger Panik „scheisse, wo ist das denn?“ geführt), aber wohlgehütete Rezepte finden sich in der Regel immer irgendwann wieder.
Ob Tüte oder Röllchen – nein, falsch, nur die Tüte ist die richtige Form – Neujahrskuchen gehören hier einfach auf den Teller. Und zwar so viele und so lange, bis sie einem samt Sahne und Tee wieder zu den Ohren hinauskommen. Dat is so!
In diesem Sinne:
Glücksais Neijohr!
Das Wasser mit dem Kandis erhitzen, bis sich der Kandis aufgelöst hat. Das Ganze auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Die Margarine und die Butter im Topf schmelzen lassen und ebenfalls auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Das Mehl mit den Eiern und dem Zimt in eine Schüssel geben. Die flüssigen Zutaten nach und nach unter Rühren hineingeben. Den Teig über Nacht im Kühlschrank ruhen lassen. Nun kann das fröhliche Backen beginnen: Hierzu eine kleine Schöpfkelle voll Teig in das heiße Waffeleisen geben und ca. 2 Minuten goldbraun backen. Dies erfordert genauso wie das anschließende Aufrollen ein wenig Geschick und vor allem Erfahrung. Je nach Waffeleisen variiert die Backzeit. Probiert es einfach aus! Traditionell Sahne dazu und Ostfriesentee mit Kluntje.
Zutaten
Zubereitung
Notes
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